Regionale und lokale Produkte stehen bei den Verbrauchern hoch im Kurs. Gerade bei Lebensmittel überzeugen Frische, Geschmack und Transparenz: Viele Erzeuger kennt man, genauso wie deren Produktionsbedingungen. Gute Aussichten also für alle, die mit eigenen Produkten in das Geschäft mit regionalen Lebensmitteln einsteigen wollen.
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Direktvermarktung als Trend
Die Begeisterung für Lebensmittel aus der Region, vielleicht sogar aus der Nachbarschaft, hat dazu geführt, dass immer mehr Landwirte ihre Erzeugnisse direkt vermarkten. In Hofläden beispielsweise haben die Kunden die Möglichkeit, Obst und Gemüse gewissermaßen direkt vom Feld zu kaufen. Auch andere Produkte werden von den Bauern häufig angeboten, wie Milch, Eier oder Honig.
Mancher Hof etabliert sich so als eigene Marke. Die Voraussetzungen dafür sind jedenfalls gut, der bewusstere Umgang mit Lebensmitteln schon beim Kauf eröffnet in dieser Hinsicht viele Möglichkeiten – übrigens nicht nur für Landwirte.
Denn für selbstproduzierte Lebensmittel braucht es nicht zwingend einen großen landwirtschaftlichen Betrieb, die lassen sich auch in kleinerem Maßstab vermarkten. Honig, Marmelade und andere Brotaufstriche, Spirituosen: Das sind nur einige Beispiele, die aus eigener Herstellung mit eigener Marke zum Verbraucher gelangen können.
Vom Eigenbedarf zum Business
In vielen Fällen fängt das eigene Food-Business tatsächlich im kleinen Kreis an. Während der Erdbeer-Saison wird fleißig für den eigenen Vorratskeller Marmelade mit Früchten aus dem Garten eingekocht, der Überschuss geht an Verwandte, Freunde und Bekannte. Mit wachsender Erfahrung und ein bisschen Experimentierfreude entstehen eigene Kreationen, die unter den versorgten Personen für Begeisterung sorgen.
Auf diese Weise wird aus der Herstellung für den Eigenbedarf ein neues Label für regionale, saisonale Produkte aus eigener Produktion – oder zumindest die Idee dazu. Die Umsetzung ist tatsächlich weniger einfach und damit sind nicht einmal nur die betriebswirtschaftlichen Grundkenntnisse gemeint, die es für die eigene Marke und den eigenen Betrieb braucht.
Mehr Zeitaufwand, mehr Verantwortung
Eine der grundsätzlichen Schwierigkeiten liegt zum Beispiel darin, dass die als Gewerbe betriebene Lebensmittelproduktion und -vermarktung sehr viel mehr Zeit in Anspruch nimmt. Soll aus dem Hobby wirklich eine selbstständige Erwerbsmöglichkeit werden, reicht es nicht mehr aus, sich am Wochenende für einige Stunden in die heimische Küche zu verziehen.
Überhaupt ändert sich einiges, sobald aus dem Hobby ein Gewerbe wird:
Die Gewerbeanmeldung
Der erste wichtige Punkt ist die notwendige Anmeldung eines Gewerbes. Wer sich, etwa mit selbstgemachter Marmelade, etwas dazu verdienen will, geht damit schon einer gewerblichen Tätigkeit nach. Dabei ist vollkommen unerheblich, wie hoch das Einkommen aus dieser Tätigkeit ist – Steuern müssen darauf trotzdem gezahlt werden.
Die Fragen in diesem Zusammenhang lauten: Wird das Marmeladen-Label nur ein Nebenerwerb oder soll es künftig zum Haupterwerb werden? Soll es bei einem Kleingewerbe bleiben oder gibt es größere Pläne für die eigene Lebensmittel-Marke?
Diese Aspekte wollen gründlich bedacht sein. Bei der Gründung eines Teilzeit- oder Kleinstunternehmens besteht weiterhin die Möglichkeit, einer geregelten sozialversicherungspflichtigen Arbeit nachzugehen – das ist die sichere Variante, sollte die selbstgemachte Marmelade doch kein Verkaufsschlager werden. Es braucht dann aber auch die Einwilligung des Arbeitgebers, dass nach dem Feierabend noch das eigene Business wartet.
Für einen besseren Überblick über die Möglichkeiten einer Kleingründung bietet existenzgruender.de eine Reihe hilfreicher Tipps. Ein weiterer wichtiger Hinweis: Nachträgliche Änderungen in einem ausgestellten Gewerbeschein sind immer mit zusätzlichen Kosten verbunden – Überlegungen zur (möglichen) Produktpalette werden deshalb am besten langfristig und im Vorfeld angestellt.
Die Vorschriften
Ein weiterer erheblicher Unterschied zwischen dem hobbymäßigen Marmelade-Einkochen und dem Umstieg auf die gewerbliche Tätigkeit besteht in den Vorschriften, die es ab diesem Zeitpunkt zu beachten gibt. Denn der Umgang mit Lebensmitteln ist streng reglementiert.
- Das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB)
stellt den gesetzlichen Rahmen für Lebensmittelsicherheit dar. Damit soll vor allem die Gesundheit der Verbraucher geschützt werden, es beinhaltet aber auch Verbote zur Täuschung. Das LFGB gilt dabei für alle Produktions- und Verarbeitungsstufen.
- Die EU-Basis-Verordnung (Nr. 178/2002)
befasst sich noch einmal explizit mit dem „Vom Acker bis zum Teller“-Aspekt. Alle Schritte des Herstellungsprozesses müssen rückverfolgbar sein. Das bedeutet unter anderem, dass Nachweise über Herkunft und Qualität von Vorprodukten und Zutaten sowie über die Produktionsprozesse vorgelegt werden müssen, wenn diese behördlich verlangt werden.
- Das Europäische Hygienerecht
oder genauer: die EU-Verordnung zur allgemeinen Lebensmittelhygiene (Nr. 852/2004) – verpflichtet zur Dokumentation der Lebensmittelhygiene in allen Betrieben, die mit Lebensmitteln umgehen. Das Hygienemanagement ist dabei nach HACCP (Hazard Analysis and Critical Control Point) zu gestalten, soll sich aber auch nach der Größe des Betriebs richten.
Das beinhaltet übrigens auch die Meldepflicht bei den zuständigen Behörden (etwa der Kreisverwaltungsbehörde), die für die Überwachung der Hygiene-Vorschriften verantwortlich sind.
Für die Verarbeitung von tierischen Produkten bestehen im Rahmen der EU-Verordnung Nr. 853/2004 noch einmal zusätzliche Bestimmungen.
- Die nationale Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV)
verpflichtet zu einer Schulung, damit alle Personen, die etwa leicht verderbliche Lebensmittel herstellen, die dazu notwendigen Fachkenntnisse besitzen – von der Lebensmittelkunde bis zu Fragen der Reinigung.
- Das Infektionsschutzgesetz (IfSG)
macht eine Bescheinigung des Gesundheitsamtes erforderlich. Diese beinhaltet eine Belehrung rund um die ausgeübte Tätigkeit.
- Die Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV)
dreht sich um die Informationspflichten, die jeder, der Lebensmittel herstellt, gegenüber den Verbrauchern hat: die Bezeichnung des Lebensmittels, das Zutatenverzeichnis, die Allergenkennzeichnung, die Zutatenmengen, die Nettofüllmenge, das Mindesthaltbarkeitsdatum – diese und weitere Angaben müssen auf dem Lebensmittel beziehungsweise auf der Verpackung angegeben werden.
Wie das beispielsweise für Konfitüren, Gelees, Marmeladen und Fruchtaufstrichen aussehen kann, lässt sich am entsprechenden Merkblatt des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit nachvollziehen.
Einfacher machen es die Vorschriften nicht, ein Hinderungsgrund für die Herstellung und Vermarktung eigener Lebensmittelprodukte sind sie aber genauso wenig. Trotzdem ist unbedingt empfehlenswert, sich frühzeitig mit den zuständigen Ämtern (etwa das Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt) in Verbindung zu setzen und notwendige Schritte abzuklären, bevor Produktion und Verkauf starten.
Vom Produkt zur Marke
Die Genehmigungen sind alle eingeholt, das Gewerbe angemeldet, der Businessplan steht. Spätestens jetzt stellt sich die Frage, wie das fertige Produkt am besten zum Verbraucher kommt. Das ist zum einen eine Marketing-Angelegenheit, zum anderen eine Frage des Vertriebs.
Regionale, selbstgemachte Produkte haben im Hinblick auf das Marketing den Vorteil, dass Sie bei vielen Kunden sehr beliebt sind. Gleichzeitig ist damit schon ein Schwerpunkt für Marketing-Strategien vorgegeben: die Verbundenheit zur Region und ihren Erzeugnissen. Das und den damit verbundenen Lifestyle sollte auch das Corporate Design, das ein wichtiger Bestandteil beim Aufbau einer eigenen Marke ist.
Ungeachtet der Qualität des eigenen Produkts muss es sich trotzdem im Kreis der Konkurrenz hervortun – es muss auffallen. Da Lebensmittel ohnehin verpackt werden müssen, bietet sich hier die beste Gelegenheit.
Trotz der vielen gesetzlichen Vorgaben lassen sich Verpackungen individuell gestalten, ganz egal in welcher Form ein Lebensmittel geschützt werden soll. Bei Kartons und Etiketten bestehen jedenfalls zahlreiche Umsetzungsmöglichkeiten, um den geforderten Schutz für Produkt und Verbraucher zu gewährleisten und auf der anderen Seite Kreativität zu beweisen.
Selbstgemachte Lebensmittel richtig verkaufen
Sind Design- und Verpackungsfragen geklärt, gilt es noch den besten Vertriebsweg zu finden. Das ist kein leichtes Unterfangen, trotz der sich bietenden Möglichkeiten. Die selbstgemachte Marmelade, um beim Beispiel zu bleiben, im eigenen Online-Shop zu verkaufen, ist eine komfortable Option.
Voraussetzung ist allerdings, dass dieser Shop aufgebaut und gepflegt wird – und selbst dann gibt es ohne ausreichendes Marketing keine Garantie, dass dieser Shop im Netz auch wirklich gefunden wird. Alternativ sind Online-Marktplätze und Verkaufsplattformen eine Überlegung wert: Der eigene Aufwand ist vergleichsweise gering, die Reichweite je nach Plattform dafür umso größer.
Für regionale Lebensmittel bietet sich ansonsten natürlich an, auch regionale Vertriebswege zu finden. Viele Landwirte machen es schon vor: Der Verkauf auf Märkten, in Hofläden oder bei lokalen Einzelhändlern ist absolut möglich. Gerade im Einzelhandel finden regionale und lokale Erzeugnisse immer häufiger Eingang in das Sortiment.
Eine pauschale Lösung für den erfolgreichen Vertrieb gibt es allerdings nicht. Das hängt im Einzelnen vom Produkt und der Marktsituation ab und nicht zuletzt von der Frage, wie groß das eigene Food-Business überhaupt werden soll. Die Chancen – im Großen wie im Kleinen – sind jedenfalls vorhanden.
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